Wissenschaft

Wissenschaftliche Stellungnahme zur Initiative „beautiful power“

Prof. Dr. Michael Heinrich, Humanbiologie/Ästhetik, Design
Prof. Dr. Niko Kohls, Medizinische Psychologie
Hochschule für Angewandte Wissenschaften Coburg

15. Januar, 2019

Die Windkraft ist eine zunehmend tragende Säule der Energieversorgung in Deutschland und wird ihre Bedeutung als nationalautarke Alternative zu den ökologisch äußerst bedenklichen Energielieferanten Braunkohle oder Atomkraft sowie zu unumgänglichen Energieimporten noch deutlich steigern können und müssen. Voraussetzung für eine politische Durchsetzbarkeit dieser Entwicklungstrajektorie ist jedoch eine breite Akzeptanz der betroffenen Bevölkerungsgruppen.

Diese Akzeptanz wird maßgeblich durch die Beeinträchtigung des visuellen Erscheinungsbildes ganzer Landschaftspartien durch Windkraftanlagen beeinflusst, eine Problematik, die im Themenfeld der Energieversorgung auch den Diskurs um die Platzierung von Stromtrassen prägt. Angesichts der Tatsache, dass etwa 60% der Großhirnrinde an der Wahrnehmung, ästhetischen Interpretation und Reaktion auf visuelle Reize beteiligt sind, muss ein starker, auch emotionalisierter Widerstand gegen großflächige Eingriffe in die visuell-ästhetische Qualität des heimatlichen Lebensraumes als unvermeidliche, psychologisch nachvollziehbare Größe behandelt werden. Die ästhetische Bewertung unseres Lebensraumes auf affektiver, emotionaler und kognitiver Ebene gleichermaßen ist grundlegend für unser Wohlbefinden, unser soziales Selbstverständnis und für unsere Handlungsbereitschaften und –impulse. Insbesondere der heimatliche lokale Umraum stellt als vielfältige externalisierte Projektionsfläche für Identitätskonzepte von Gruppen und Indidividuen den vielleicht grundlegendsten Integrationsrahmen auch für heterogene gesellschaftliche Selbstverständnisse dar. Die ästhetische städtebauliche und landschaftliche Qualität des heimatlichen Umfeldes ist also Träger kultureller, aber auch individueller Identität und darf daher nicht als reines Spielfeld technisch-funktionalistischer Optimierung betrachtet werden, wenn gesellschaftlich-politische Spannungen und Polarisierungen vermieden werden sollen.

Wenn also technologische Entwicklung stark umweltrelevante Interventionen dringend erfordert – wie dies bei der Entwicklung der Windenergie ja der Fall ist –, sollte das Thema Umfeldästhetik auch im politischen Diskurs den Rang einer existentiell prägenden Fragestellung beanspruchen. Ein rationalistisches Menschenbild, das die Bedeutung ästhetischer Bewertungen und entsprechender Emotionsbildung als bestenfalls zweitrangig klassifiziert, ist vor dem Hintergrund psychologischer und neurowissenschaftlicher Forschung ohnehin als längst überholt zu betrachten.

Im Sinne einer hinreichenden demokratischen Legitimierung lebensraumprägender Maßnahmen – und im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes, § 13 – liegt es also in zentralem politischen Interesse, sich nicht nur über Sicherheits- und Ökologieaspekte der Auswirkungen ingenieurtechnischer Interventionen in menschliche Umwelten Klarheit zu verschaffen, sondern auch über deren ästhetische Bewertung seitens breiter Bevölkerungsgruppen. Hinreichende Objektivierbarkeit innerhalb solcher Klärung ist wiederum ausschließlich durch eine möglichst ideologiefreie, empirisch-wissenschaftliche Methodik der Beforschung gegeben. Voraussetzung für entsprechende umweltpsychologische Untersuchungen sind möglichst lebensnahe Versuchsanordnungen, die die Kontextabhängigkeit ästhetischer Bewertungen durch exemplarische Einbettung in typische Environments berücksichtigen.

Das Projekt „beautiful power“ stellt aus wissenschaftlicher Sicht eine ideale Matrix dar, eine solche Versuchsanordnung herzustellen. Das Versuchsfeld weist typische Merkmale des für Windkraftanlagen geeigneten Landschaftsprofils auf, die Initiative selbst hat durch das Engagement der Projektbetreiber außerdem schon nennenswerte lokale und regionale politische Unterstützung für sich gesichert. Die Einbeziehung erfahrungsbasierten Design-Wissens von Seiten des renommierten Farbdesigners Friedrich Ernst von Garnier gibt der von „Beautiful Power“ intendierten exemplarischen Realisierung den Vorsprung empirischen und auch theoretischen Rückbezugs: Garniers Konzept der „organischen Farbigkeit“ nimmt bereits in den 60er-Jahren spätere psychologische Erkenntnisse im Bereich des Health Care Design vorweg, die seit den 80er-Jahren den engen Zusammenhang zwischen Gesundheit, Wohlbefinden und organisch geprägten ästhetischen Umfeldfeldaspekten nachweisen. Mit der „organischen Farbigkeit“ differenziert und konkretisiert Garnier gleichzeitig das klassische philosophische Konzept der Dialektik von „Einheit und Mannigfaltigkeit“, das von der Gestaltpsychologie im 19. Und 20. Jh. empirisch vielfältig untermauert wurde.

Da zu den Kontextfaktoren visuell-ästhetischer Einordnung und Bewertung auch kognitive Klassifizierungen der in Frage stehenden Phänomene gehören, sollte im Rahmen der Projektrealisierung unbedingt auch eine begleitende Informationskampagne in Betracht gezogen werden, welche die Maßnahme als solche über die unmittelbare ästhetische Wahrnehmung hinaus in den Sinnzusammenhang gesamtgesellschaftlicher, umweltverträglicher Innovationsstrategien einbettet und damit wieder akzeptanzfördernd auf die Wahrnehmungsvoreinstellungen zurückwirkt.

Ganz konkret kann die Realisierung eines exemplarischen Entwurfs im Rahmen von „beautiful power“ einen idealen Ausgangspunkt für eine wissenschaftliche Evaluation sowie weitere vergleichende Studien des „mixed-method“-Ansatzes zur umfeldverträglichen, sicheren und ästhetisch ansprechenden Gestaltung von Windrädern nicht nur in der Region, sondern in ganz Deutschland darstellen.


Beatrice Wagner - Mit Farben heilen

Mit Farben heilen
Publikation von Dr. Beatrice Wagner

Die neuen Werkshallen der Firma ThyssenKrupp Stahl in Dortmund sind riesig: 30 Meter hoch, 300 Meter lang. Innen werden endlos lange Stahlschlangen feuerbeschichtet. Wieder so ein grauer Fabrikkoloss, der das Ruhrgebiet weiter verschandelt?

Nein, denn die weltbekannte Stahlfirma gestaltet ihre Bauten neuerdings konsequent farbig. Von außen sind die hohen Bauten in leichten Blautönen gehalten, die Sockelbereiche sind erdrot und die niedrigeren Hallenteile tragen Grüntöne. Innen setzen sich die Farben fort.

Blautöne kennzeichnen die Maschinenanlagen, Grün- und Gelbtöne die Hallenbereiche. Entworfen hat dies Friedrich Ernst von Garnier aus Fürfeld bei Bad Kreuznach. Er ist der weltweit einzige professionelle Farbgestalter, der Fabrikgebäuden, Industriekomplexen oder Hochhaussiedlungen einen farbigen Anstrich verpasst.

Und das mit Erfolg: Der Krankenstand im Dortmunder Werk ist gleich im ersten Jahr (2002) auf unter 50 Prozent des Durchschnitts im gesamten Unternehmen gesunken. Auch die Sauberkeit hat zugenommen. „Die Fabrikhalle sieht jetzt aus wie ein Dom, farbig und lichtdurchflutet. Hier macht es den Leuten Spaß zu arbeiten, deswegen werden sie nicht krank“, erklärt von Garnier aus seiner 40-jährigen Erfahrung heraus.

Grau hingegen, das in modernen Gebäuden normalerweise vorherrscht, kostet nach seiner Auffassung Kraft und wirkt bedrückend auf das Gemüt. Unpassende Farben sind auch verwirrendes bunt, knallorange, signalrot oder grellblau. „Die Natur hat unsere Wahrnehmung geprägt, an deren Farbkompositionen müssen wir uns orientieren, wenn wir Städte gestalten, in denen sich Menschen wohlfühlen sollen“, so von Garnier.

Dies bestätigt Prof. Dr. Ernst Pöppel, Ordinarius des Instituts für medizinische Psychologie an LMU in München und einer der wenigen Forscher, die sich mit der Wirkung von Farbe auf den Menschen beschäftigt haben. Prof. Pöppel: „Es ist auffällig, dass fast alle Lebewesen optische Rezeptoren entwickelt haben, deren Empfindlichkeit im Absorptionsbereich von Chlorophyll, also der Farbe von Blättern, hat.

Das ist unser evolutionäres Erbe, es rührt an das emotionale Gedächtnis unserer Urvorfahren an. Der Mensch hat also sozusagen eine eingebaute Sehnsucht nach grün.“ Deswegen sind wir laut Prof. Pöppel danach bestrebt, Zimmerpflanzen zu aufzustellen, den Balkon zu begrünen oder einen Garten anzulegen: „Wir brauchen Pflanzen um uns herum, weil sie uns in einer ganz ursprünglichen Weise mit der Welt verbinden.“ Und sie können auch zur Therapie eingesetzt werden. „Älteren Menschen, die in Heimen leben, muss man die Möglichkeit geben, etwas Grünes zu hegen und zu pflegen. Dies stabilisiert das emotionale Gefüge“, so der Hirnforscher.

Auch blau ist wichtig für den Menschen, denn sie ist die energiereichste Farbe. Farben unterscheiden sich nämlich nur hinsichtlich ihrer Wellenlänge voneinander. Blau hat eine Wellenlänge von 450 Nanometern, sie ist damit, in Bezug zu den anderen Farben, kurzwellig und deshalb energiereich. Rot hat, als anderes Extrem, eine Wellenlänge von 750 Nanometern,
diese Farbe ist damit relativ langwellig und energiearm. Dies macht man sich ansatzweise bereits in der Psychiatrie zunutze. So ist blau die optimale Farbe für Depressive, die sich kraftund energielos fühlen, hat Chronobiologin Prof. Dr. Anne Wirz-Justice aus Basel herausgefunden. Und rötliche Töne hingegen wirken wärmend und beruhigend auf das Gemüt.

Nicht jede Farbe wurde bereits auf ihre Wirkung auf den Menschen hin untersucht. Denn noch immer führt die Farbtherapie sozusagen ein Schattendasein in der Forschungswelt. Schon der Dichter Johann Wolfgang von Goethe, der sich 40 Jahre lang intensiv mit der Wirkung der Farben auf die menschliche Psyche beschäftigt hatte, musste am Lebensende feststellen, dass
die Wissenschaftler seine Theorien nicht ernst nahmen. Er übergab die weitere Forschung explizit der Nachwelt.

Neue Theorien zum Farbsehen wurden von Edwin Land, dem Begründer der Firma Polaroid entwickelt. Er fand heraus, dass wir Farben unter verschiedenen Lichtbedingungen wiedererkennen können. Diese Fähigkeit bezeichnet man als Farbkonstanz. Mit einem Fotofilm ist keine Farbkonstanz möglich, hier gibt es je nach Beleuchtung große Farbverzerrungen.

Grundlage der Farbkonstanz ist, dass Farben im Gehirn erst konstruiert werden. Es reicht also nicht aus, dass Farben entstehen, weil verschiedenen Wellenlängen im Gehirn zu Farben uminterpretiert werden, wie das auch ein Farbfilm macht. Edwin Lander fand heraus, dass zum Farbensehen auch die wahrgenommene Farbintensität mit der Lichtintensität innerhalb des Gesichtsfeldes in Beziehung gesetzt wird. Erst damit wird es möglich, dass die Farbe von Objekten stets gleich bleibt, sei es bei Tageslicht oder bei Kunstlicht.

Die Natur betreibt also einen ziemlichen Aufwand, damit wir Farben sehen und wieder erkennen können. „Dies ist übrigens nicht deshalb entwickelt worden, damit wir uns gut fühlen, sondern damit wir die Dinge
in der visuellen Welt besser unterscheiden können“, erklärt Prof. Pöppel. Denn würden wir in einer Schwarz-Weiß-Welt leben, hätten wir dort weniger Tiefenschärfe könnten weniger Details erkennen.

Trotzdem lösen Farben, sozusagen als Nebenbeieffekt, Körperempfindungen aus. Dies ist laut Prof. Pöppel möglich, weil die Farben sowohl in den bewussten als auch in den unbewussten Bereichen des Gehirns wirken. So werden die Informationen aus der Netzhaut einerseits vom Zwischenhirn (Diencephalon) auf die Großhirnrinde (Neocortex) umgeschaltet, wo die Farben
interpretiert werden.

Andererseits wirkt Farbe auch unter Umgehung der bewussten Wahrnehmung, weil die Netzhautinformationen nicht nur in die Großhirnrinde, sondern in das gesamte Gehirn projiziert werden. Damit beeinflussen die Farben das vegetative Nervensystem und auch die eng damit zusammenarbeitenden Drüsen. Aus neueren Forschungen geht hervor, dass sogar die Haut unterschiedlich sensitiv für die verschiedenen Farben ist. Dadurch ergibt sich eine umfassende Wirkung auf den gesamten Organismus.

Allerdings reagieren nicht alle Menschen absolut gleich auf bestimmte Farben. Die für sich optimale Farbe erkennt man am besten durch einen Farbpyramidentest, den Robert Heiss aus Freiburg entwickelt hat. Hier legt man in vorgezeichnete Pyramiden nach eigenem Geschmack Farbplättchen hinein, sodass einem selbst die Farbgestaltung hinterher gefällt. Aus der
Präferenz für einzelne Farben glauben Therapeuten, etwas über die Persönlichkeit aussagen zu können. So spricht ein Vorherrschen von rot, der Farbe der „Liebesfrucht“ Tomate, für Liebesbereitschaft und ein Extravertiertsein. Gelb deutet auf Leistungsbereitschaft hin und violett auf innere Erregung hin.

Noch immer aber leidet die Farbtherapie darunter, dass zuwenig Forscher ihr Potential erkannt haben und sich damit beschäftigen. So bleibt die Farbtherapie noch in weiten Strecken Scharlatanen und Möchtegernheilern vorbehalten, die etwas mystisches und geheimnisvolles aus ihr machen, obwohl sie doch auf einfachen Naturgesetzen beruht.

Tipps für Zuhause Wenn Sie abends ausgepowert und kraftlos sind, sollten Sie sich ein paar „blaue Stunden“ gönnen. Streichen Sie die Wände leichtblau, wichtig ist, dass die Farbe nicht zu knallig ist, und am besten auch nicht eintönig. Kombinieren Sie Blautöne. Sie können auch eine Lampe mit blauem Überzug als nutzen oder eine Schreibtischlampe mit blauer Folie abkleben.

Wenn Sie zu traurigen Anwandlungen neigen, sind gelbe Farbtöne das Richtige. Frischen Sie Ihre Wohnung auf. Nehmen Sie aber kein grelles Gelb, sondern ein warmes sonnenblumenfarbiges. Geeignet sind auch ocker und leise sonnige Farben. Auch hier gilt: Keine monotonen einfarbigen Flächen, sondern der Natur nachempfundene sonnendurchwirkte Kompositionen.

Vor allem Frauen sagt rot zu, die Farbe der Liebe. Achten Sie hierbei darauf, kein signalrot zu verwenden, sondern besser terracottarot, erdrot, ochsenblutrot und bestenfalls mohnrot. Leichte rötliche Farben sind besser.

Farbbestrahlung:
Bei der Farbbestrahlung wird farbiges Licht entweder auf den ganzen Körper gerichtet oder auf einzelne Areale. Hierzu werden eine Lichtquelle und verschiedene Farbfilter sowie eine Behandlungsliege und ein warmer, dunkler Raum benötigt.

Die Lichtquelle ist eine handelsübliche Tisch- oder Halogenlampe mit 100 bis 150 Watt. Die Bestrahlungsdauer richtet sich je nach Krankheitsbild und Bestrahlungsempfehlung auf einen Zeitraum von 1 bis 60 Minuten.

Farbpunktur:
In der normalen Akupunktur wird mit Nadeln über die Akupunkturpunkte auf den Lebensenergiefluss eingewirkt. Bei der Farbpunktur verwendet man stattdessen farbiges Licht. Dies kann entweder durch das Beleuchten farbiger Folien geschehen, die auf den Punkten liegen, oder durch spezielle Lampen, sogenannte Farbpunkturlampen. Ein Punkt sollte etwa
zwei Minuten angestrahlt werden.

Farbvisualisation:
Das bedeutet, dass man sich etwas in einer bestimmten Farbe vorstellt. Diese Fähigkeit hat fast jeder Mensch, denn jeder visualisiert unbewusst in seinen Träumen. Die Farbvisualisation kann angewendet werden bei Anspannung und Stress, Schmerzen, Unkonzentriertheit. Mit Übung zählt sie zu den effektivsten Verfahren der Farbtherapie.